Alterserscheinungen beim Hund

Alterserscheinungen beim Hund

Wenn der Kopf nicht mehr will: Psychische Alterserscheinungen bei Hunden

Das Fell wird grauer, die Beweglichkeit lässt nach: Mit steigendem Alter zeigen sich bei vielen Hunden körperliche Veränderungen. Dass aber auch die mentalen Fähigkeiten beim Hundesenior nachlassen können, ist weit weniger bekannt. Von leichten Schlafstörungen über Desorientierung bis zur Altersdemenz ist dabei alles möglich. Halter sollten auf die Anzeichen achten, vor allem aber schon frühzeitig vorbeugen, um dem Vierbeiner später das Leben zu erleichtern.

Dr. Sandra Foltin beschäftigt sich als Psychologin und Biologin viel mit der Psyche von Hunden und hat 2023 das Buch „Black Dog“ zu Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen bei den Vierbeinern veröffentlicht. Altersbedingte mentale Störungsbilder seien aber bislang kaum erforscht, sodass die Diagnose seltener gestellt wird und Halter wenig davon erfahren. „So wie wir Menschen unter anderem durch unsere bessere medizinische Versorgung immer älter werden, trifft das auch auf unsere Hunde zu. Das Problem dabei ist: Das biologische System von Hunden ist noch gar nicht darauf ausgelegt, dass sie ein so hohes Alter erreichen. Man spricht aktuell je nach Rasse meist von zehn bis 15 Jahren Lebenserwartung – immer mehr Hunde werden aber auch 18 oder 20 Jahre alt. Leider steigt mit dem höheren Alter auch die Wahrscheinlichkeit für demenzielle Erkrankungen.“

Ähnlich zu Altersdemenz und Alzheimer beim Menschen Eine amerikanische Studie aus 2023 hebt Dr. Foltin als wichtig hervor. In dieser wurden menschliches Alzheimer und der kognitive Verfall bei Hunden (canine cognitive decline, CCD) unter einem One-Health-Ansatz verglichen – das heißt, dass die gemeinsame Forschung in beiden Feldern auch bei der Behandlung beider Spezies Fortschritte erwarten lässt. Der Studie zufolge wurde CCD bei 28 Prozent der Hunde zwischen elf und zwölf Jahren festgestellt und sogar bei 68 Prozent der Hunde zwischen 15 und 16. „Ein typisches Anzeichen dafür ist etwa, wenn der Hund plötzlich vor einer Wand steht und die Tür nicht mehr findet. Er wirkt orientierungslos und verwirrt. Mit fortschreitender mentaler Störung hält diese Verwirrtheit immer länger an, sodass das Tier Schwierigkeiten haben kann, einen Ausgang zu finden, nachdem es sich unter einen Tisch oder Stuhl gelegt hat. Außerdem kommt es zu einem veränderten Schlaf-Wach-Rhythmus, weil der Hund nicht mehr oder seltener in Tiefschlafphasen kommt. Dann ist er nachts immer wieder unterwegs, kann aber auch tagsüber nicht allen Schlaf nachholen“, so die Expertin. „Ältere Hunde können außerdem ängstlicher werden, woraus dann auch aggressives Verhalten resultieren kann. Teilweise geht das einher damit, dass Seh- und Hörvermögen nachlassen und plötzliche Bewegungen und Geräusche deshalb schneller erschrecken können.“

Dass ältere Hunde etwa unter den genannten Schlafproblemen leiden können, ist in der Veterinärmedizin schon lange bekannt. Halter sollten das aber nicht ohne Weiteres mit einem „Er wird alt“ abstempeln, sondern bei sich häufenden Symptomen ihren Tierarzt aufsuchen. Halten die Symptome an oder werden stärker, könnte es sich um kognitive Dysfunktionen wie Demenz handeln. Wer sich eine zweite Meinung einholen möchte, kann beispielsweise einen Tierarzt aufsuchen, der sich auf Verhaltensmedizin spezialisiert hat. Eine Übersicht findet sich etwa bei der Gesellschaft für Tierverhaltensmedizin und -therapie (GTVMT).

Zeigt ein Hund immer regelmäßiger Anzeichen von Verwirrung oder hat Probleme, sich in der Wohnung zu orientieren, sollten Halter darauf Rücksicht nehmen. Es hilft, wenn sich im vertrauten Umfeld des Tieres wenig ändert und entsprechend seine Rückzugsorte und Futternäpfe an den gewohnten Stellen zur Verfügung stehen.

Schon bei einem jungen Hund sollte zudem die Vorbeugung beginnen, rät Dr. Foltin: „Auch hier sind Menschen und Hunde sich relativ ähnlich. Bei beiden gilt: Wer bereits im jungen und erwachsenen Alter mental gefordert wird, erleidet im Alter tendenziell seltener oder zumindest mildere Verläufe von demenziellen Erkrankungen.“ Halter sollten ihre Hunde also immer wieder beispielsweise mit Suchspielen oder kleinen Übungen fordern – und das auch im Alter fortsetzen. „Bei manchen kommt ein Gedanke auf wie: ‚In seinem Alter lasse ich ihm jetzt seine Ruhe‘“, so die Expertin. „Aber das ist nicht gut. Stattdessen immer weiter fordern und fördern und die Übungen anpassen, also etwa langsamer oder einfacher gestalten. Was der Hund noch kann, das sollte er auch tun.“

Wichtig sei zudem zu beachten, dass mit verringerter Aktivität schnell die Sozialkontakte reduziert werden könnten. Das kann ebenfalls Angst oder Depressionen bei Hundesenioren verstärken. Auch wenn die gemeinsamen Gassirunden, die Möglichkeiten zum Schnüffeln oder aktives Spielen nicht mehr so lange am Stück möglich sind, sollten Hunde dazu immer die Gelegenheit bekommen – ebenso Aufmerksamkeit und Zuneigung in Form von Streicheleinheiten oder Kontakt zu Artgenossen. IVH


Autor: admin

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